SimSolid als virtueller Teststand für Fahrradrahmen

Anwenderbericht
SimSolid als virtueller Teststand für Fahrradrahmen

Firma: Merida & Centurion Germany (MCG)

Themen: Produktentwicklung, Konstruktion & Entwicklung (CAD), Berechnung & Simulation

Branche: Consumerprodukte, Sonstige

Erschienen in:

KONSTRUKTION

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Virtuelle Tests beschleunigen die Fahrradentwicklung

Fahrräder müssen nicht „zum TÜV“ – trotzdem gilt es eine ganze Reihe von Tests zu bestehen, wenn man in Deutschland ein Fahrrad beziehungsweise E-Bike auf die Straße bringen möchte. Merida & Centurion Germany (MCG) nutzt die Festigkeitsanalyse mit SimSolid, um die Festigkeit der Rahmen zu testen und so schneller auf den Markt zu kommen. INNEO unterstützt das Magstadter Unternehmen bei der Einführung des virtuellen Teststands.

Wolfgang Renner war mehrfacher Deutscher Querfeldein-Meister, Alpencross-Pionier und „Erst-Beradler" tibetischer Bergwelten und setzte seine Erfahrung ab 1976 beim Bau eigener Fahrradrahmen um. Wurden unter dem Namen Centurion zunächst noch Rennräder hergestellt, so sprang Renner 1979 auf den BMX-Boom auf. Im Jahr 1980 sah Renner auf einer USA-Reise einen der ersten Mountainbike-Prototypen und entwickelte aus dieser Anregung das erste europäische Mountainbike. Seither geht es mit Centurion steil bergauf, die Räder etablierten sich in den unterschiedlichsten Bereichen des Fahrradmarkts. 1996 stellte Thomas Hellriegel beim Ironman auf Hawaii mit dem brandneuen Centurion Overdrive-Triathlonrad einen Streckenrekord, der neun Jahre lang Bestand haben sollte. Mit dem No Pogo stellte das Unternehmen im selben Jahr ein vollgefedertes Mountainbike vor, das das unangenehme Wippen beim Treten abschaffte. Im Jahr 2000 stieg mit Merida der zweitgrößte Fahrradhersteller Taiwans bei Centurion ein eine Win-Win-Situation, denn Merida konnte so die Innovationskraft der Centurion-Entwickler nutzen, während Centurion so Zugriff auf gewaltige Fertigungskapazitäten im Mutterland der Fahrradproduktion bekam. Seither werden auch die Räder von Merida am Centurion-Stammsitz in Magstadt nahe Stuttgart entwickelt. Das Unternehmen Merida & Centurion Germany GmbH (MCG) vertreibt zudem Zubehör für Fahrräder von der Technik bis zur Bekleidung.

Neue Herausforderungen durch Siegeszug der E-Bikes

Das Jahr 2011 bringt eine große Veränderung im Fahrradmarkt: Der Boom der E-Bikes beginnt und Centurion ist mit dem E-Fire dabei. Inzwischen werden mehr E-Bikes als „normale“ Fahrräder verkauft. Der Siegeszug des E-Bikes brachte für die Entwickler allerdings neue Herausforderungen mit sich – während im Bereich der „Bio Bikes“ kaum noch umwälzende Neuerungen möglich sind, bietet das E-Bike noch viele Innovationsmöglichkeiten. Neue Motoren und Akkus machen immer wieder neue Rahmen mit entsprechenden Aussparungen und Anschraubflanschen notwendig, sodass ein E-Bike-Rahmen maximal drei Jahre auf dem Markt bleibt.

Ständige Optimierung zwischen Gewicht und Antrieb

Zunächst war das Gewicht beim E-Bike eher sekundär, an dieser Stelle lassen sich aber große Fortschritte erzielen und so ist es heute eines der wichtigsten Entwicklungsziele, trotz schwerer Akkus und Motoren das Radgewicht möglichst weit zu reduzieren. Zugleich ermöglicht die Motorunterstützung das Verbauen breiterer Reifen und längerer Federwege, was das Gewicht und den Fahrwiderstand nach oben treibt. So ist die E-Bike-Entwicklung ein ständiger Optimierungsprozess zwischen Antriebsentwicklung und Gewichtseinsparung.
Allerdings müssen die Rahmen am Ende immer noch die vorgeschriebenen Belastungstests bestehen“, wirft Rahmenentwickler Matthias Pfrommer ein, „bei denen an bestimmten Punkten – beispielsweise am Sattel, an den Pedalen oder an der Bremssattelaufnahme ein Gewicht aufgebracht wird – und das 100.000-mal.“ Auch wenn Fahrräder und E-Bikes nicht zugelassen werden müssen, schreibt der Gesetzgeber die Einhaltung bestimmter Normen fest, bei denen unter anderem die minimale Belastbarkeit des Rahmens in verschiedenen Tests vorgeschrieben ist.
Ein Testzyklus vom Bau mehrerer Rahmen in den verschiedenen Größen bis zum Testende dauert zwischen drei und fünf Monaten“, beschreibt Pfrommer den Zeitbedarf. „Wenn ein Rahmen die Tests nicht besteht, dauert es wiederum drei bis fünf Monate, bis der nächste Testzyklus abgeschlossen ist. Um dies zu vermeiden, setzen wir jetzt auf Simulation.“ Für die Rahmenkonstruktion nutzen die drei Entwickler seit vielen Jahren auf PTC Creo, das Ellwangener Systemhaus INNEO betreut die Entwicklungsumgebung. So wandten sich die MCG-Entwickler an INNEO, um sich zum Thema Simulation beraten zu lassen. Die Spezialisten von INNEO demonstrierten neben einem Simulations-Komplettpaket das Strukturanalysepaket SimSolid von Altair. Eine Besonderheit von SimSolid ist, dass es ohne das bei FEM-Lösungen übliche Berechnungsgitter auskommt, was den Simulationsprozess sehr vereinfacht, zudem rechnet SimSolid extrem schnell.
Wir haben beide Pakete getestet“, erinnert sich Pfrommer, „und SimSolid passte am besten zu uns. Das andere Paket bietet zwar mehr Möglichkeiten, ist aber eben auch komplexer in der Anwendung. Und wir kommen sehr gut ohne diese zusätzlichen Möglichkeiten aus.“ SimSolid ermöglicht es nun, schon am virtuellen Modell die Belastungen aus den Testszenarien auf das Modell aufzubringen und die Belastungen zu berechnen. „So sind wir zum einen sicher, dass der physikalische Test klappt“, erläutert Pfrommer. „Zum anderen sehen wir genau, wo die neuralgische Punkte zu finden sind, und können entsprechend nachbessern.

Rahmen: sehen einfach aus, sind aber sehr komplex

Zwar sehen Fahrradrahmen auf den ersten Blick relativ einfach aus, genau besehen sind sie in ihrer Auslegung sehr komplex. So bestehen die Rahmen schon lange nicht mehr aus einfachen Rundrohren, sondern es kommen spezielle Streben mit ovalem oder flachem Querschnitt und wechselnden Wandstärken zum Einsatz. So sind die Centurion-Rahmen traditionell mit einem flachen Oberrohr ausgestattet, was das Tragen des Rades komfortabler macht – eine Reminiszenz an die Ursprünge des Firmengründers im Querfeldein-Radsport. Mit offenen Rahmenprofilen, in denen der Akku sitzt, sowie dem E-Bike-Motor und seinen Aufhängungen, über die nicht geringe Kräfte eingeleitet werden, wird die Auslegung des Rahmens noch komplexer.
Bisher war bei der Definition der Rohre, Verbinder und Anschlüsse reine Gefühls- und Erfahrungssache. Vor allem, wenn ein Rahmen in einem Test Risse bekam, war Fingerspitzengefühl gefragt, wie sich Pfrommer erinnert: „Wir konnten nur den beschädigten Rahmen untersuchen und nach Gefühl Stellen verstärken, von denen wir annahmen, dass sie für den Riss verantwortlich sind. Gerade bei dynamischen Belastungen ist das aber nicht immer die Stelle, wo der Riss auftritt. Uns blieb nichts anderes übrig, als den Rahmen zu verändern, einen neuen Testzyklus anzustoßen und abzuwarten. Das hat sich mit der Simulation nun völlig geändert.
Pfrommer startete mit einem Rahmen, der gerade von einem erfolglosen Test zurückgekommen war: „Das war ein besonders komplexer Fall, es handelte sich um einen Tiefeinsteiger-Rahmen für ein vollgefedertes E-Mountainbike. Das fehlende Oberrohr macht bei den Tiefeinsteigern das Auffangen der Kräfte und Momente besonders schwierig. Ich modellierte den Test in SimSolid nach und die Simulation zeigte eine sehr gute Übereinstimmung – die Stelle mit der höchsten Belastung war genau dort, wo der Riss im realen Rahmen aufgetreten war. Das zeigt, dass die Simulation valide Ergebnisse bringt.

Übergabe der Daten läuft im STEP-Format

INNEO hat uns viel geholfen“, erinnert sich Pfrommer an seine ersten Schritte. „Wir hatten eine zeitbegrenzte Testlizenz und mit dem Tiefeinsteiger-Fully einen Rahmen, um die praktische Anwendung zu testen. Mit etwas Hilfe von INNEO hatte ich nach fünf Stunden am System die ersten Ergebnisse – und das ohne echte Schulung! INNEO bietet einen hervorragenden Support und aufschlussreiche Erklärvideos, die mir viel weitergeholfen haben. Wir haben die Daten des Rahmens auch an INNEO geschickt, so dass die Mitarbeiter dort uns direkt Tipps geben konnten.
Die Übergabe zwischen Creo und SimSolid läuft im STEP-Format, dann definiert der Anwender die Randbedingungen wie Materialien und Kräfte und startet die Berechnung. Pfrommer sagt: „SimSolid rechnet sehr schnell, das hat gerade am Anfang Vorteile. Wenn man merkt, dass man einen Fehler gemacht hat, ist nicht allzu viel Zeit verloren. Man korrigiert die Simulation und startet sie einfach nochmal.
Der Rahmenkonstrukteur schließt: „SimSolid ist das optimale Simulationssystem für uns. Simulation ist nicht unsere primäre Aufgabe, wir nutzen sie nur ab und zu. Weil das System so einfach zu bedienen ist, finden wir schnell wieder hinein und können wir dann gleich effizient arbeiten. Und durch die gute Zusammenarbeit mit INNEO können wir sicher sein, dass das auch so bleibt.

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07.05.2024
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