Präzise Simulation am offenen Herz

Anwenderbericht
Präzise Simulation am offenen Herz

Firma: GF Machining Solutions AG

Themen: Produktentwicklung, Konstruktion & Entwicklung (CAD), Produktdatenmanagement (PDM/PLM), Berechnung & Simulation, INNEO Effizienztools

Branche: Medizintechnik

Erschienen in:

Technische Rundschau 2/2021

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Von der Präzision, Leistung und Ausstattung der Spindel hängt das Leistungsvermögen ein jeder Bearbeitungsmaschine ab. Die Spindel ist ihr Herz. Mit ihrem hochkomplexen Innenleben mit Leitungen für die unterschiedlichsten Medien, Sensoren, Lagern und Elektronikbauteilen soll sie gleichzeitig möglichst kompakt und leicht sein. GF Machining Solutions liefert unter dem Markennamen Step-Tec Spindeln für Hochpräzisionsanwendungen. Entwickelt werden die Spindeln mit PTC, betreut wird das Schweizer Unternehmen von INNEO.

Als Herzstück der Bearbeitungsmaschine ist die Präzision der Spindel entscheidend für die Präzision der Gesamtanlage. Zudem konzentrieren sich an der Spindel viele Funktionen, unter anderem automatische Werkzeugspannsysteme, Druckluft- und Kühlflüssigkeitsleitungen bis ins Werkzeug und nicht zuletzt die Kühlung und Steuerung der Spindel selbst. Moderne Spindeln besitzen unter anderem Sensoren, die die aktuelle Ausrichtung der Spindelwelle messen, sodass die Welle gradgenau ausgerichtet werden kann. Eine Vielzahl weiterer Sensoren ermöglichen es, die Wärmeausdehnung der Spindel mikrometergenau zu kompensieren.

Dementsprechend teuer sind die Spindeln von Step-Tec, und deshalb spielen Revisionen eine grosse Rolle im Arbeitsalltag. Gebrauchte und beschädigte Spindeln werden aufgearbeitet und dabei alle defekten und verschlissenen Teile ausgetauscht, sodass die revidierte Spindel am Ende quasi neuwertig ist. Im Austausch erhält der Kunde innerhalb von 24 Stunden eine revidierte Austauschspindel. Um so schnell reagieren zu können, betreibt Step-Tec zwei Reparaturwerkstätten in Kanada und China.

„Etwa die Hälfte unserer Spindeln liefern wir an Unternehmen in der GF Division“, so Konstruktionsleiter Markus Bauder, „die anderen gehen an Maschinenhersteller vor allem in Deutschland. Wir bauen sehr hochwertige Spindeln, wie sie im Hochpräzisionsformenbau, in Schleifanwendungen und in der Schwerzerspanung im Aerospacebereich zum Einsatz kommen. Dabei gehen wir stark auf Kundenwünsche ein. Wir nutzen etwa 75 Spindelplattformen, um auf deren Basis kundenspezifische Varianten zu entwickeln. Daneben entwickeln und liefern wir aber auch Spindeln, die nicht auf einer Plattform basieren, sondern komplett auf Basis von Kundenanforderungen entwickelt wurden.“

Die Spindelplattformen unterscheiden sich ausser im Durchmesser auch in Ausführung, Leistung und Drehzahl. Pro Plattform existieren zwischen zwei und 30 Varianten. So bietet Step-Tec ein Spektrum von Spindeltypen mit Durchmessern von 90 bis 320 mm, die einen Leistungsbereich zwischen 1 kW und 130 kW mit Drehmomenten von bis zu 1200 Nm bei der leistungsstärksten Spindel abdecken. Eine Spezialität der Step-Tec-Spindeln ist das schnelle Erreichen der Thermostabilität. Während andere Spindeln 20 Minuten und länger laufen müssen, bis sie eine stabile Betriebstemperatur und damit ihre höchste Präzision erreichen, sind Step-Tec-Spindeln durch ihre Wellenkühlung nach maximal drei Minuten einsatzbereit – ein Zeitgewinn von 85 Prozent. Ein wichtiger Aspekt für die Präzision der Spindeln ist eine gleichmässige polare Wärmeverteilung, das heisst, dass die Wärmeverteilung so optimiert wird, dass die Spindel sich an jeder Stelle des Umfangs gleichmässig erwärmt. Dadurch bleibt der Rundlauf extrem präzise.

Die Entwickler bei Step-Tec nutzen seit 2003 Creo, damals noch unter dem Namen Pro/ENGINEER. Seit dem Jahr 2004 wird Step-Tec dabei von INNEO unterstützt, deren Schweizer Niederlassung in Brüttisellen beheimatet ist. Neben der Basislizenz wird eine ganze Reihe von Zusatzmodulen eingesetzt, darunter Creo Simulate, das allerdings aktuell von der im gesamten Konzern genutzten, ebenfalls von INNEO vertriebenen Berechnungssoftware Ansys abgelöst wird. Das Cabling-Modul für Creo wird dagegen ausgiebig genutzt, um Kabel und Leitungen im beengten Innenraum der Spindeln realistisch verlegen zu können.

Mit dem Model Processor aus den GENIUS TOOLS von INNEO überprüfen die Step-Tec-Entwickler Kaufteilmodelle und alte Dateien, ob sie dem aktuellen Aufbau entsprechen – beispielsweise lassen sich Layer und Folien entsprechend der firmeneigenen Vorschriften sortieren und belegen. Auch die definierten Parameter und Metadaten lassen sich mit dem Model Processor schnell und effizient prüfen und ergänzen.

„Die Parametrik in Creo zwingt uns, die Modelle sauber aufzubauen“, erzählt Entwicklungsingenieur Adrian Kammer. „Auch das Änderungswesen muss sauber aufgesetzt sein, damit sich Varianten aus den Plattformmodellen erzeugen lassen, ohne dass Parameter im Weg stehen.“ Sauber aufgebaute Modelle sind wichtig, um sie in nachfolgenden Prozessen weiternutzen zu können, beispielsweise in der Montage, wie Bauder erläutert: „Wir müssen bisher extrem aufwendige Zusammenstellzeichnungen erstellen, damit die Kollegen in der Montage alle wichtigen Informationen sehen. Wir sind aktuell dabei, gemeinsam mit INNEO einen Prozess zu entwickeln, wie wir diese Zeichnungen durch den CAD-Datenbetrachter Creo View ersetzen können. Dazu müssten allerdings auch die ganzen Informationen, die auf der Zeichnung drauf sind, am Modell definiert und wieder abrufbar sein. Wir werden uns also stärker mit Model Based Definition (MBD) beschäftigen müssen. Zudem müssen die Modelle so strukturiert sein, dass sich Explosionsmodelle sehr einfach erstellen lassen.“

In einem Zwischenschritt werden die Step-Tec-Mitarbeiter wahrscheinlich zunächst mit einer Kombination aus Creo View-Ansicht und einer reduzierten Zusammenbauzeichnung arbeiten, was auch schon einige Arbeit in der Konstruktionsabteilung erspart. „Wir gehen da gemeinsam mit INNEO Schritt für Schritt vor“, erläutert Bauder. „In der reduzierten Zusammenstellzeichnung finden sich alle Angaben, die nicht im Viewer sichtbar sind. Zusätzlich erstellen wir Explosionen kritischer Baugruppen, beispielsweise der Lagerflansche. Dort wird dann an jedem Bauteil die Artikelnummer dargestellt, so dass die Montage fehlerfrei gelingt.“

Ebenso abhängig von der Verlagerung von Informationen sind die Step-Tec-Konstrukteure bei der Toleranzanalyse, wie Bauder sagt: „Die Toleranzanalyse läuft heute noch in Excel, weil die notwendigen Angaben in den Zeichnungen und nicht am Modell definiert sind und manuell zusammengesucht werden müssen. Sobald wir mehr Angaben im MBD-Modell haben, nutzen wir das in Creo integrierte Tool CETOL. Auch hier arbeiten wir eng mit INNEO zusammen.“

So arbeitet Step-Tec an vielen Stellen daran, die Prozesse durchgängiger und digitaler zu gestalten – immer in der Abwägung, wo es Sinn macht und welche Voraussetzungen notwendig sind. „Dabei sind die INNEO-Mitarbeiter sehr wichtig“, sagt Kammer, „denn sie wissen, welche Daten für welche Funktionalitäten notwendig sind und wie sie zu verknüpfen sind. So können wir unsere Prozesse Stück für Stück effizient weiterentwickeln. Wenn wir INNEO brauchen, sind sie da.“ Und er fügt an. „Wir werden gut bedient, können neue Technologien austesten und implementieren. Cabling war solch ein Beispiel: Das hat uns bei geringem Einführungsaufwand viel gebracht, wir können den knappen Platz in unseren Spindeln besser nutzen, Schlauchlängen am Modell berechnen und Leitungen knickfrei verlegen. So hilft uns INNEO, immer wieder etwas besser zu werden.“

GF Machining Solutions und Step-Tec
Das Unternehmen Step-Tec wurde im Jahr 1995 gegründet, um Motorspindeln für die Bereiche Formenbau, Produktion und Aerospace zu entwickeln und zu fertigen. Die langjährige Kompetenz im Bau von anspruchsvollen Motorspindeln für Werkzeugmaschinen diente als Basis für eine Erweiterung der Aktivitäten in die Montage von High-Tech-Baugruppen für Präzisionsmaschinen. 1997 beteiligte sich der Fräsmaschinenhersteller Mikron an der Step-Tec, 2002 ging das Unternehmen an den Maschinenbauer Agie-Charmilles und kam mit diesem schliesslich unter das Dach des Georg-Fischer-Konzerns. 2019 firmierte Step-Tec in GF Machining Solutions AG um und bezog gemeinsam mit anderen Bereichen des GF-Konzerns ein neues Gebäude in Biel. Der Name Step-Tec lebt als Markenname für die Spindeln des Unternehmens weiter. Der Umsatz lag im Jahr 2019 bei 35 Mio. Schweizer Franken und wurde von 100 Mitarbeitern erwirtschaftet. Im Jahr verlassen rund 1500 Spindeln das Werk, insgesamt sind etwa 30 000 Spindeln ausgeliefert worden.

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